Aktuelles

Offener Brief zur "Corona-Situation" in Oelsnitz/Vogtl.

08.04.2020 - Als bisher einzige politische Vereinigung der Großen Kreisstadt Oelsnitz/Vogtl., nimmt unsere Wählervereinigung in einem "Offenen Brief" Stellung, zur aktuellen "Corona-Situation" in unserer Heimatstadt. In diesem Rahmen kritisieren wir u.a. die Informationspolitik sowie das Verhalten der Stadtverwaltung gegenüber dem Stadtrat, geben aber auch Anregungen zur Unterstützung der Oelsnitzer Gewerbetreibenden. Lesen Sie selbst. >>>


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Horn,
 

seit Mitte März ruht die Tätigkeit des Oelsnitzer Stadtrates. Aus diesem Grund hat unser Vorstand beschlossen, Ihnen in einem „Offenen Brief“ unsere Einschätzung zur aktuellen Lage mitzuteilen.
 

Die Auswirkungen der aktuellen „Corona-Pandemie“ haben auch unsere Heimatstadt fest im Griff. Die Stadt Oelsnitz/Vogtl. und ihre Bürgerschaft erlebt derzeit eine beispiellose Situation, welche im Rahmen der Allgemeinverfügung von vielen Sorgen rund um die Themen Gesundheit, berufliche Existenz (als Arbeitnehmer oder Unternehmer) sowie des gesellschaftlichen Zusammenhaltes geprägt ist.
 

Am 11. März tagte letztmals der Oelsnitzer Stadtrat, um sich zu dringenden Themen zu beraten und wichtige Beschlüsse zu verabschieden. In den Folgetagen dazu erfassten die Auswirkungen der „Corona-Pandemie“ unsere Heimatstadt mit voller Wucht. Gewerbetreibende, welche nicht als systemrelevant eingestuft sind, mussten im Rahmen der Allgemeinverfügung ihre Geschäfte schließen. Dies betrifft im Besonderen den Einzel- und Fachhandel, die Gastronomie, den Dienstleistungssektor sowie Teile des Handwerks.
 

In diesem Zusammenhang ging die Fraktion unserer Wählervereinigung fest davon aus, dass der Stadtrat zu der am 25. März angesetzten Stadtratsitzung über die aktuelle Situation berät und eine gemeinsame Strategie für die bevorstehende Krisenzeit erarbeitet. Mit großer Verwunderung mussten wir Ihre Vorgehensweise zur Kenntnis nehmen, nur die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden zu laden, welche sich im Vorfeld die Legitimation ihrer Fraktion einholen sollten um in deren Sinne zu anstehenden Beschlüssen zur Tagesordnung abzustimmen. Nach unserem Rechtsempfinden war diese Vorgehensweise der damaligen Situation weder angemessen noch rechtlich vertretbar. Aus diesem Grund haben wir die Rechtsaufsicht des Vogtlandkreises diese Variante prüfen lassen. Im Ergebnis gab uns selbige Recht und erklärte uns gegenüber die Unzulässigkeit dieser Vorgehensweise.
 

Diese Erkenntnis haben wir Ihnen, sowie dem Hauptamtsleiter Herrn Hannes Schulz, umgehend kommuniziert und in diesem Zusammenhang mitgeteilt, dass unsere Fraktion einer solchen Variante nicht zustimmen wird, da alle so gefassten Beschlüsse nicht rechtsgültig gewesen wären. Dass Sie unsere Fraktion im Kreis der Verwaltung nun als Blockierer darstellen, ist aus unserer Sicht weder nachzuvollziehen noch legitim. Vielmehr stellt sich für uns die Frage, warum Sie die Stadtratsitzung nicht, unter Einhaltung geeigneter Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt haben? Wie dies hätte umgesetzt werden können, haben Städte und Gemeinden in der unmittelbaren Nachbarschaft in den Folgetagen eindrucksvoll demonstriert. Hier konnte man jedoch auch den Willen der jeweiligen Bürger- und Oberbürgermeister dazu erkennen. Schließlich stuften Sie die Sitzung als nicht dringend notwendig ein und sagten diese auf der Grundlage des Hinweises des SMI über „die Durchführung von Gemeinderats-, Kreistags- und Ausschusssitzungen während der Corona-Pandemie“ vom 24. März ab. Einen gegensätzlichen Weg hingegen schlugen die Gemeinden Triebel und Eichigt bzw. die Große Kreisstadt Klingenthal ein.
 

Desweiteren müssen wir an dieser Stelle die Art und Weise der Absage der Sitzung kritisieren, welche in Ihrem Verantwortungsbereich liegt. Alle Stadträte haben eine ordentliche Einladung zu besagter Sitzung erhalten, die Absage erfolgte jedoch mehr als stümperhaft. Diese vollzog sich über eine Art Zuruf gegenüber den Fraktionsvorsitzenden, die wiederum ihre Mitglieder kurz vor knapp erreichen sollten. Dieses Vorgehen zeugt aus unserer Sicht von einer mangelnden Professionalität im kommunikativen Sinne. Auch wenn für eine ordentliche postalische Absage sicher die Zeit fehlte, hätten Sie die Geschäftsstelle des Stadtrates anweisen müssen, jedem Stadtrat und Ortsvorsteher zumindest eine E-Mail zu senden bzw. diese telefonisch zu erreichen. Dies wäre durchaus objektiv durchführ- und zumutbar gewesen.
 

Unserem Empfinden nach zeugt diese an den Tag gelegte Art und Weise im Umgang mit den Stadträten von einer geringen Wertschätzung gegenüber diesen. Diese Erkenntnis wird in der Tatsache bestärkt, dass die Oelsnitzer Stadträte, seit Absage der besagten Sitzung, also vor knapp zwei Wochen, in keiner Weise über Entwicklungen zur aktuellen Lage in Oelsnitz/Vogtl. informiert wurden. Erst auf Drängen Ihrer beiden Stellvertreter hin, sahen Sie sich veranlasst, die Abgeordneten per E-Mail (30.03.) über die Zusammensetzung der Notfallorganisation sowie des Krisenstabs der Stadtverwaltung zu unterrichten. Über dessen Arbeitsweise bzw. die dort erzielten Ergebnisse gibt es ebenfalls keinerlei Information. In diesem Zusammenhang drängt sich für uns folgende Frage auf:
 

> Warum sind keine Vertreter der Stadtratsfraktionen bzw. die Stellvertreter des Oberbürgermeisters (wie in anderen Gemeinden üblich) in die Arbeit des Krisenstabs eingebunden?
 

> Warum erhalten die Stadtratsfraktionen keinerlei Informationen zu den Ergebnissen der Sitzungen des Krisenstabs?
 

Aus der Presse war zu entnehmen, dass Sie nach Absage der Stadtratsitzung (25.03.) wichtige Beschlüsse per Eilentscheidung fassten. Erst heute, also zwölf Tage nach Absage der letzten Stadtratsitzung, erhielten die Stadträte per E-Mail eine kurze Information dazu. Hierzu fragen wir Sie:
 

> Warum setzen Sie den Stadtrat über die gefassten Eilentscheidungen nicht zeitnah in Kenntnis?
 

!!! Informationsverhalten ändern – Stadtrat einberufen !!!
 

Auf kommunalpolitischer Ebene fordern wir:
 

> Ihr Informationsverhalten gegenüber dem Stadtparlament grundlegend zu ändern und die Abgeordneten über die aktuellen Geschehnisse und Entwicklungen umgehend zu Informieren.
 

> Die schnellstmögliche Wiederaufnahme der Sitzungstätigkeit des Oelsnitzer Stadtrates inklusive aller Ausschüsse sowie der Aufsichtsräte der kommunalen Unternehmen.
 

In Ihrer heutigen E-Mail informierten Sie, dass Sie den geplanten VFA am 22. April unter Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen und Abstandsregelungen im Ratssaal durchzuführen wollen. Weiterhin teilten Sie mit, dass die nächste Stadtratsitzung am 6. Mai in der Dreifeldturnhalle abgehalten werden sollte. Dies würde bedeuten, dass ein weiterer wertvoller Monat für die Tagung des gesamten Stadtrates verloren ginge. Da wie bereits erwähnt, die Stadtratsitzung am 25. März abgesagt wurde, hätte dies zur Folge, dass der Stadtrat einer zweimonatigen Zwangspause unterworfen wäre.

Dass eine Sitzung durchaus in diesen Tagen durchführbar ist, sieht man an den Gemeinderäten in Grünbach und Neustadt, welche an diesem Mittwoch zu einer Sitzung zusammenkommen.
 

Aus diesem Grund stellt die Fraktion unserer Wählervereinigung folgenden Antrag:
 

> Der für den 22.04.2020 geplante VFA wird zu einer Stadtratssitzung aufgewertet und unter Einhaltung aller notwendigen Sicherheitsvorkehrungen und Abstandsregelungen bei Bedarf in der Sporthalle Oelsnitz/Vogtl. (Dreifeldturnhalle) durchgeführt.

Im Sinne der Informationspolitik wollen wir jedoch nicht nur Kritik üben, sondern auch Ihre regelmäßigen Beiträge bei YouTube loben. Über diesen neuen Weg der modernen Informationskanäle ist es möglich, viele Bürger schnell und unkompliziert zu erreichen und damit über die wichtigsten Punkte zu Aktualisierungen der Allgemeinverfügung zu informieren.
 

!! Wirtschaft, Gewerbe und Handel nicht im Stich lassen !!
 

Die Lage in der Wirtschaft ist durch die Maßnahmen der Allgemeinverfügung inzwischen äußerst angespannt. So erreichen unsere Wählervereinigung viele Hilfsanfragen aus der Oelsnitzer Gewerbelandschaft. Hier werden zum Teil dramatische Zustände geschildert sowie die geringe Hilfe und fehlende Empathie von Teilen der Stadtverwaltung beklagt.
 

Wir heben noch einmal besonders hervor, dass die Stadt Oelsnitz/Vogtl. wie kaum eine andere Kommune im Vogtland von den hohen Einnahmen aus der Gewerbesteuer ihrer ortsansässigen Unternehmen profitiert hat. Viele gesellschaftliche Projekte, wie die Vereinsunterstützung oder Kulturangebote, konnten erst aus Mitteln der Gewerbesteuereinnahmen finanziert werden.
 

Aus unserer Sicht ist es gerade in einer Ausnahmesituation wie diese erste Pflicht des Oberbürgermeisters, sich der Sorgen der Gewerbetreibenden anzunehmen und ehrliche Solidarität zu zeigen.
 

Nicht wenige Gewerbetreibende stehen schon jetzt mit dem Rücken zur Wand. Je länger die Maßnahmen der Allgemeinverfügung noch andauern, desto mehr verschlimmert sich die Lage. Daher fordert unsere Wählervereinigung die sofortige Unterstützung der Gewerbetreibenden bei der Bewältigung dieser Krise.
 

Dazu schlagen wir folgende Maßnahmen zur zeitnahen Umsetzung vor:
 

1.) Aufstellung einer Arbeitsgruppe für Gewerbe und Wirtschaft
 

Dieses Gremium sollte aus unserer Sicht aus Vertretern der Stadtverwaltung (Gewerbeamt, Hauptamt) und des Oelsnitzer Gewerbeverbandes bestehen. In diesem Rahmen sollen geeignete Maßnahmen zur gezielten und der Situation angepassten Wirtschaftsförderung, im Besonderen in der Krise sowie deren Auswirkungen in der Folgezeit, erarbeitet werden.

2.) Gutscheinaktion organisieren
 

Die Oelsnitzer Gewerbetreibenden, die von der Schließung ihrer Geschäfte betroffen sind, benötigen keine Kredite, welche aus unserer Sicht nur eine Problemverlagerung nach sich ziehen, sondern schnell frisches Geld. Hier könnte eine von der Stadtverwaltung zentral organisierte Gutscheinkampagne helfen. Bürger haben so die Möglichkeit einen Gutschein von Einzelhändlern, Restaurants, Bars, Reisebüros, Friseur- und Kosmetiksalons u.ä. zu erwerben und später bei einer Normalisierung der Lage einzulösen. Diese Möglichkeit würde den städtischen Gewerbetreibenden die Möglichkeit eröffnen, dringend benötigtes Geld zu erhalten.
 

3.) Hilfspakete auflegen
 

Andere Städte des Vogtlandes wie Falkenstein machen es vor! Kleinstunternehmer, Selbstständige und Freiberufler, die besonders unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie leiden, werden z.B. mit einer Soforthilfe von bis zu 500 Euro unterstützt. Das ist auf dem ersten Blick nicht viel, kann jedoch schon den monatlichen Beitrag zur Krankenversicherung bedeuten.
 

4.) Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung
 

Es sollte in der Stadtverwaltung wieder eine Planstelle für Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung bereitgestellt werden. Diese ist unserer Meinung nach notwendig, um z.B. die Oelsnitzer Gewerbe¬treibenden bei der überregionalen Vermarktung zu unterstützen.

!! Kräfte bündeln - Gemeinsam gegen die Krise !!
 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, abschließend wollen wir noch einmal dringend an Sie appellieren. Diese Krise wird tiefgreifende Veränderungen in allen Teilen unserer Gesellschaft nach sich ziehen. Wenn wir nicht alle an einem Strang ziehen, werden wir ein beispielloses Gewerbesterben und menschliche Dramen erleben. Was dies u.a. für unseren bereits angespannten Stadtkern bedeuten würde, brauchen wir Ihnen an dieser Stelle nicht noch einmal zusätzlich aufzeigen.
 

Es ist jetzt nicht an der Zeit, sich als Krisenmanager profilieren zu wollen, sondern angezeigt, alle zur Verfügung stehenden Kräfte zu mobilisieren und zu bündeln, um so in einem bestmöglichen Rahmen gemeinsam entschlossen den Auswirkungen der „Corona-Pandemie“ entgegenzutreten!!!

Seite 110